Blau . . . .2014

03.11.2014 Posted in Kultur, Wallau | Kommentare deaktiviert für Blau . . . .2014
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titel141031a…und plötzlich war alles blau. Coelinblau, türkisblau, royalblau, echtblau, primärblau, ultramarinblau, kobaltblau.

Heidi Werkmann zeigte im Rahmen der Tage der Offenen Ateliers in Mankers Scheune neue Arbeiten, die sich mit den Dimensionen und Parametern der Farbe <so blau> auseinandersetzen.

Neben der Fortführung ihrer Werkreihe <therimorph>  zeigte die Hofheimer Künstlerin, die auf zahlreichen internationalen Ausstellungen präsent ist, wie aktuell bei einer Bienale in Canada, erstmals Installationen.

Die mehrfach mit dem Intermezzo-Award des Main-Taunus-Kreises ausgezeichnete Künstlerin Heidi Werkmann hat mit ihrem Markenzeichen, dem patentierten ogel, unter anderem den beliebten und bereits in zweiter Auflage erschienenen Hofheimer Kinderstadtplan, sowie den brandneuen Innenstadtplan für den Gallus Markt gestaltet.

Mit ihren temporären und interaktiven Installationen gibt Werkmann ihrem künstlerischen Schaffen neue Aspekte. Die Gestaltung und der Aufbau der Installationen konnte durch die Besucher beeinflusst, variiert und durch eigene mitgebrachte blaue Objekte ergänzt werden.

 

Martina Weyand-Ong, Hofheimer Journalistin mit einer Agentur für lokale Medien, beleuchtete anlässlich der Vernissage am 31. Oktober mit einer Reflexion unter anderem das Paradoxon in der Symbolik der Farbe Blau:

Den ganzen Text findet ihr im Anschluss an die Galerie

Blau (vom althochdeutschen blao für schimmernd, glänzend) ist der Farbreiz, der wahrgenommen wird, wenn Licht mit einer spektralen Verteilung ins Auge fällt, bei der Wellenlängen im Intervall zwischen 460 und 480 Nanometern dominieren.

Über die Entstehung des Blauen entwickelten Künstler und Gelehrte in historischen farbphysikalischen Abhandlungen seit dem Mittelalter unterschiedliche Theorien.

So beschrieb Leonardo da Vinci Wesen und Wirkung des Blau als immateriell, keine Farbe der Luft, sondern eine metaphysische Mischung des Sonnenlichts mit der „Schwärze der Weltfinsternis“.

Goethe, für den es mit Gelb und Blau nur zwei reine Farben gab, setzte das Blau ähnlich an die Grenze zur Dunkelheit und somit dem Gelb, das an der Grenze zum Licht stehe, diametral gegenüber.

Blau ist eine Farbe, die auf den Menschen meist kalt wirkt. Begünstigt durch das Blau des Himmels und dessen Widerspiegelung im Wasser steht Blau in Literatur und Grafik für Ferne, Sehnsucht und Klarheit. Daraus folgend wird dem Blau eine emotional ausgleichende, beruhigende und mäßigende Wirkung zugeschrieben. Demgegenüber dient die Farbe im Englischen als Namensgeber für den Zustand von Melancholie und Trauer, wie in „to feel blue“, was sich auch im Blues widerspiegelt. Blau hat im Gegensatz zu Rot im Allgemeinen eine beruhigend-angenehme Wirkung auf den Menschen. Es fördert angeblich die Konzentration und hält wach.

Blau steht für Jugend und Hoffnung, so haben Symbole von Jugendorganisationen diesen Farbton.

Die Europaflagge besitzt auf blauem Grund gelbe Sterne, die symbolisch für alle Mitgliedsstaaten stehen.

Die Farbe Blau des Himmels symbolisiert im Judentum Gott, Glauben und Offenbarung, auch trifft diese religiöse Interpretation für den blauen Davidstern in der Flagge Israels zu. Heinrich VIII. wurde als Ritter Blaubart bekannt und steht im Ruf des Mordes an seinen Ehefrauen. Der Begriff „Blaubart“ wurde so für Frauenmörder übernommen. Lange Zeit galt das Blau aber gar nicht mal als „männliche“ Farbe. Rot hatte vielmehr die Assoziationen Leidenschaft, Blut, aktiver Eros und Kampf. Blau ist in der christlichen Tradition die Farbe von Maria. Nach dem Ersten Weltkrieg, ab etwa 1920, fand ein Umbruch der Auffassungen statt: Die Farbe Blau wurde zum Symbol für die Arbeits- und Männerwelt. Die Blautöne der Marineuniform, blaue Arbeitsanzüge, der Blaumann förderte die Symbolik.

Jungen trugen die zu Anfang des 20. Jahrhunderts modischen (marineblauen) Matrosenanzüge. Diese Betrachtungen sind auch bei den „kleinen“, „kindlichen“ Farben Rosa und Hellblau anzutreffen, die beispielsweise für Strampelanzüge verwendet werden.

Die früher „Blausucht“ genannte Zyanose beruht grundsätzlich auf einem Sauerstoffmangel im Blut, der dieses blau-violett erscheinen lässt. Dagegen besitzt der Ausspruch Blaues Blut besitzen in der Bedeutung „von adliger Herkunft sein“ nur symbolischen Charakter. Adlige, also jene die nicht bäurisch im Freien, in der Landwirtschaft arbeiteten, haben eine (ungebräunte) blasse und durchscheinende Haut. Das venöse Blut schimmert dabei blau durch die Haut. In diesem Sinnzusammenhang mit dem Adel steht Blau auch allgemein für „edel“.

Die Fahrt ins Blaue stammt aus früheren Zeiten, als noch häufig der blau blühende Flachs angebaut wurde. Machte man einen Ausflug in die Natur, so fuhr man „ins Blaue“.

Blauer Montag ist die Bezeichnung für einen arbeitsfreien (geruhsam verbrachten) Montag. Darauf bezogen ist „Blau machen“ ein umgangssprachliches Synonym für „krankfeiern“, das Fernbleiben von einer Pflichtveranstaltung, insbesondere der Arbeit und der Schule. Es hat nichts mit dem Gerücht zu tun, dass die Färbergesellen früher jeden Montag angeblich betrunken auf das Ergebnis der Färbung mit den Blättern des Färberwaids warteten, die wesentlich weniger intensiv färbten als das spätere Indigo aus Indien.

Die Menschen im Mittelalter liebten blaue Kleidung, weil Blau die Farbe des Himmels, Gottes und der Engel war.

Der Blauer Reiter war ein Zusammenschluss von Malern des Expressionismus.

Im alten Ägypten wurde dem blauen Lapislazuli lebensspendende Eigenschaften zugeschrieben. Das Kopftuch der Pharaonen – der Söhne des Sonnengottes Re – und deren Königsinsignien Krummstab und Wedel waren blau-gold gestreift.

Blau war die Farbe des Kosmos: Das Wasser des Lebens und im unermesslichen Blau des Himmels das Göttliche – somit findet sich der Ursprung für die Symbolik der Farbe Blau bereits im alten Ägypten. Neben dem Ägyptischblau ist Mayablau ein sehr altes Blau-Pigment. Die Maya färbten mit dem Pigment Keramiken und bemalten damit Menschen, die geopfert wurden.

Auch in dieser Ausstellung entfaltet sich das Paradoxon in der Dichotomie (zwei sich gegenüberstehenden Bedeutungen) zwischen der Symbolik der Farbe Blau, der Unendlichkeit und den Werken und Objekten von Heidi Werkmann wie der Grablampe und deren Funktion, die für Endlichkeit und Tod steht.

Die Grablampe – ein vom Menschen geschaffenes Werk mit Nutzen und Funktion bekommt diese entzogen, wird aus seinem in unserer Zivilisation sozialisierten Kontext genommen und in einen neuen gestellt nach dem Prinzip der De- und Relokalisierung:

Korrespondenzen und Gegensätze, inhaltliche wie formale Bezüge sind zu entdecken.

Das visuelle Assoziationsvermögen wird gefordert, das den Sprachsystemen vorausgeht.

Damit verschafft die Künstlerin ihrer komplexen Installation einen emotionalen Resonanzboden ohne dass sich Gefühle wie Berührtsein oder Unbehagen in den symbolhaft in der deutschen Friedhofskultur für den Tod stehenden Grablampen verbalisieren ließe.

Werden wir doch schonungslos mit der Tatsache der menschlichen Endlichkeit ähnlich wie bei Rilke konfrontiert.

Wechselspiel von Leben. Tod. Licht. Wort. Bedeutung. Bedeutungslosigkeit. Sinnhaftigkeit. Sinnlosigkeit.

Abstraktion des Trivialen und Verfremdung des Alltäglichen auch dort:

Buchstaben, Worte und Zahlenkombinationen analog der Buchstabensuppe aus Kindertagen sind dialogisch ausgelegt.

 Beeinflussung und Veränderung durch Besucher sind nicht beinflussbar und dem Zufall überlassen. Einzige Vorgabe sind die vorhandenen Buchstaben und Zahlen, die wiederum ebenfalls zufällig sind.

Die weit über die Hofheimer Stadtgrenzen hinweg bekannte Künstlerin Heidi Werkmann zeigt in dieser liebenswerten alten geschichtsträchtigen Scheune neue Arbeiten, die sich mit dem Thema <so blau> auseinandersetzen.

  1. Dazu gehört allem voran die Fortführung ihrer Werkreihe <therimorph> mit den bekannten Ogeln, den langbeinigen Fantasiewesen – einer Mischung aus Fisch und Vogel.

Die mehrfach mit dem Intermezzo-Award des Main-Taunus-Kreises ausgezeichnete Künstlerin , die auf zahlreichen internationalen Ausstellungen wie aktuell bei der Bienale in Canada präsent ist, hat mit ihrem Markenzeichen – dem patentierten ogel – unter anderem den beliebten und bereits in zweiter Auflage erschienenen Hofheimer Kinderstadtplan, sowie den brandneuen Innenstadtplan für den Gallus Markt gestaltet.

  1. Mit ihren temporären und interaktiven Installationen, die erstmals in einer Ausstellung der Künstlerin zu sehen sind, gibt Werkmann ihrem künstlerischen Schaffen neue Aspekte.

 

Apokalyptische skurrile Landschaft in blau

 

 

Das spannungsvolle Verhältnis der fotografierten und zufällig entdeckten Objekte in blau stellen durch den gemeinsamen Parameter der Farbe einen Kontext her zu den drei temporären Installationen, der interaktiven Installation der zufälligen Objekte im Koffer in blau, der zufälligen Buchstabensuppe in blau, der luminaren Installation <so blau> und den Bildern der Werkreihe ‚therimorph‘.

Die Wahl der Farbe ist zufällig.

Sie reduziert die Objekte um einen Parameter und gibt ihnen dadurch einen gemeinsamen Nenner.

Die Fundstücke sind zufällig.

Die Buchstabensuppe ist zufällig.

Die ergänzten Objekte sind zufällig.

 

Martina Weyand-Ong

 

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